Wiesbaden 01.09.2022. Die Caritas im Hessen befürchtet für den kommenden Herbst und Winter eine dramatische Situation in der Pflege und fordert einen effektiven Schutz vulnerabler Menschen und ihrer Pflegenden. Außerdem müssen Einrichtungen der Altenhilfe von zusätzlichen Aufgaben im Rahmen der Pandemiebekämpfung entbunden und bürokratische Hemmnisse abgebaut werden.
"Während Personalausfälle an der Gepäckabfertigung der Flughäfen oder bei der Deutschen Bahn große Aufmerksamkeit erhalten, steht die mehr als angespannte Lage der Pflege kaum im Fokus. Die extrem hohen Personalausfälle infolge von Infektionen in den Pflegeeinrichtungen haben die Mitarbeitenden ans Limit gebracht", sagte der Vorstandsvorsitzende der Caritas in Hessen, Jörg Klärner. "Ständiges Holen aus dem Frei oder Urlaub, ständige Dienstplan-änderungen belasten und zermürben das Team. Viele Pflege- und Betreuungskräfte stehen vor einem Burn-Out - in der stationären genauso wie in der ambulanten Pflege. Wir erleben, dass erfahrene Führungskräfte an diesen Rahmenbedingungen verzweifeln und überlegen, das Handtuch zu werfen."
Auch weiterhin wird im Umgang mit der Pandemie mit zweierlei Maß gemessen. Während im öffentlichen Raum die Maskenpflicht aufgehoben wurde, Testungen zurückgehen und manch einer gar das Ende der Pandemie feiert, müssen die Einrichtungen und Dienste der Altenhilfe weiterhin hohe Hürden nehmen, um die Schutzmaßnahmen zu erfüllen. Der Schutz vulnerabler Gruppen darf jedoch nicht einzig und allein auf die Einrichtungen und Dienste abgewälzt werden.
"Testanforderungen und Maskentragen stoßen bei den Besuchenden auf immer mehr Unverständnis, gerade mit Blick auf die scheinbare ‚Normalität‘ draußen", so Klärner. "Die Einrichtungen dürfen hier nicht allein gelassen werden. Die Politik ist hier in der Pflicht, das System nicht weiter zu belasten. Pflegende, Mitarbeitende in der Leitung, Verwaltung und Hauswirtschaft benötigen dringend Entlastung. Daher darf es keine weiteren Vorgaben geben, die zu zusätzlichen Belastungen führen. Jede Minute, in denen die Mitarbeitenden der Pflegeeinrichtungen für Testungen, Überprüfungen oder für unproduktive Bürokratie eingesetzt werden, fehlt den Bewohnerinnen und Bewohnern an Pflege und Betreuung."
Nach jedem Mega-Event, ob Volksfest, Fußballspiel oder Konzert, steigen die Covid-19- Infektionszahlen in der entsprechenden Region an. Dies wiederum führt unweigerlich zu steigenden Inzidenzen - auch unter den Pflegekräften. "Der Schutz vulnerabler Menschen kann nur gelingen, wenn die gesamte Gesellschaft Basismaßnahmen wie etwa das Maskentragen in öffentlichen Innenräumen mitträgt", sagte die Geschäftsführerin der Caritaslandes-arbeitsgemeinschaft Altenhilfe und Pflege, Brigitte Lerch.
Bezogen auf die Umsetzung der geforderten Präventionsmaßnahmen für den kommenden Herbst 2022 fordert die Caritas in Hessen daher,
- einen ausgewogenen, mit Pflegeexpert:innen abgestimmten und begründbaren Maßnahmenkatalog, um Bewohner:innen und Mitarbeitenden vor Infektionen zu schützen
- Keine weitere Übertragung von zusätzlichen Aufgaben für Pflegeeinrichtungen à die Einrichtungen haben sich vielfältigen Aufgaben gestellt und übernehmen bis heute hier Verantwortung, wie z.B. für Meldungen an das Robert-Koch-Institut, Gesundheitsamt, etc., ständige Arbeitsunterbrechungen, um Besucher zu testen bzw. zu kontrollieren, behindern die Versorgung der Bewohnenden
- zusätzlich Entbürokratisierung anstelle zusätzlicher Verantwortungen und Beauftragungen
(Verfasst durch: Caritas-Landesarbeitsgemeinschaft Altenhilfe/Pflege)
Stichwort "Hessen-Caritas":
Die Hessen-Caritas ist die Arbeitsgemeinschaft der drei hessischen Diözesancaritasverbände Fulda, Limburg und Mainz. Sie vertritt die sozial- und fachpolitischen Interessen der Einrichtungen und Dienste der Caritas gegenüber dem Land Hessen, den politischen Parteien, den hessischen kommunalen Spitzenverbänden, den Sozialleistungsträgern und sonstigen Behörden auf Landesebene. Überdies wirkt sie in der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e.V. mit. Mehr als 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 32.000 ehrenamtlich Tätige unterstützen und helfen in über 1.300 Diensten und Einrichtungen der Caritas.