"Es ist sehr gut, dass sich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken in der Weichenstellung zur Verbesserung der Pflegesituation einbringt", lobte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn MdB am 15.10.2019 im Berliner St. Hedwig Krankenhaus vor rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer Podiumsdiskussion, zu der der ZdK-Sachbereich "Wirtschaft und Soziales" eingeladen hatte.
Unter der Moderation der Sprecherin des Sachbereichs, Hildegard Müller, diskutierten Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Dr. Sylwia Timm (Verbraucherzentrale Brandenburg e.V.), Prof. Dr. Hildegard Theobald (Universität Vechta) und Prof. Dr. Bernhard Emunds (Phil.-Theol. Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt/Main) über Reformbedarfe in der Pflege.
Im November 2018 hatte das ZdK die Erklärung "Gerechte Pflege in einer Sorgenden Gesellschaft - Zur Zukunft der Pflegearbeit in Deutschland" veröffentlicht. Die Kosten und Lasten der Pflege in Deutschland sind weitgehend privatisiert. Über 70% aller Pflege wird zuhause geleistet zum Nachteil der pflegenden Frauen und Männer (Armut und Altersarmut, erhöhtes Krankheitsrisiko bis hin zur sozialen Isolation).
ZdK-Sachbereichssprecherin Hildegard Müller betonte, dass die Probleme der häuslichen Pflege nicht aus dem Blick geraten dürfen. "Viele Familien stellen zur Unterstützung Pflegekräfte aus Mittel- und Osteuropa ein, dies allerdings oft zu arbeitsrechtlich und ethisch problematischen Bedingungen", so Müller. "Unter Einbezug der ambulanten Pflegedienste sollte ein Netzwerk informeller und professioneller Sorgearbeit aufgebaut werden."
IspAn Frankfurt und das Referat des Diözesancaritasverbandes Limburg e.V. (www.ispan.de) hatten bereits im Vorfeld mit einer Stellungnahme und bei einem Hearing des ZdK 2018 Position bezogen, um eine gerechtere Lösung für pflegende Angehörige zu erreichen.
Prof. Dr. Bernhard Emunds vom Nell-Breuning-Institut der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen erläuterte: "Am Beispiel der Pflegearbeit möchte das ZdK eine gesellschaftliche Debatte anzetteln über die fundamentale Bedeutung von Sorgearbeit."
Die Erklärung des ZdK schlägt im Blick auf pflegende Angehörige statt Darlehen eine Lohnersatzleistung vor sowie das Pflegegeld nicht zu kürzen, wenn ein Pflegedienst unterstützend dazu kommt. Weiterhin mahnt es gerechte Lösungen für die osteuropäischen Betreuungskräfte sowie berufliche Pflege an. Hier klafft eine Gerechtigkeitslücke.
In der anschließenden Diskussion unterstrichen IspAn Frankfurt sowie das projektbegleitende Referat des Diözesancaritasverbandes Limburg e.V. diese Forderungen mit der Tatsache, dass 44 Prozent der Hauptpflegepersonen ein Haushaltseinkommen von unter 1000 Euro haben (BARMER-Pflegereport 2018). Zudem begrüßten die pflegenden Angehörigen den Ersten Bericht des unabhängigen Beirates zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf des Bundesfamilienministeriums vom 20. Juni 2019, der ebenfalls eine dem Elterngeld analoge Lohnersatzleistung sowie weitere finanzielle und entlastende Maßnahmen empfiehlt. Ziel ist es, die Pflege auf viele Schultern zu verteilen, damit Beruf, Pflege von Angehörigen sowie die Sorge für die eigene Familie vereinbart werden können und (Alters-) Armut von Frauen und auch pflegenden Männern verhindert wird.